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Mit der sozial- und verhaltenswissenschaftlichen Öffnung der Betriebswirtschaftslehre in den 60er Jahren wurde das Verhalten des wirtschaftenden Menschen explizit in den Gegenstandsbereich der Betriebswirtschaftslehre einbezogen (Hesch, 1997). Dadurch entstand das wachsende Bewußtsein, daß letztendlich jede betriebswirtschaftliche Theorie auf einer bestimmten Vorstellung vom Menschen und seinem Verhalten basiert. Auch wenn die Menschenbilder, durch die sich die Wissenschaftler bei der Theoriebildung leiten lassen, häufig nicht explizit offengelegt werden, stellen sie doch einen wesentlichen Einflußfaktor besonders für die Entstehung von Führungs- und Organisationsmodellen bzw. -theorien dar.
Auch in der betriebswirtschaftlichen 828e45i Praxis beeinflussen Menschenbilder das Verhalten der Führungskräfte, etwa in der Wahl ihres Führungsstils, in der Gestaltung der Zusammenarbeit zwischen den Menschen im Unternehmen und in den unternehmerischen Zielsetzungen, Entscheidungen und Handlungen (Reichwald & Hesch, 1993). Denn "jeder Manager hat eine bestimmte Vorstellung von seinen Mitmenschen. Unabhängig davon, ob er sich dieser Tatsache überhaupt bewußt wird, bestimmen diese Annahmen und Vorstellungen maßgeblich, wie er sich im Umgang mit seinen Vorgesetzten, Kollegen und Untergebenen verhält" (Schein, 1980, S.77).
Die Menschenbilder übernehmen also bestimmte Funktionen in den verschiedenen Bereichen der Wirtschaft, wobei man zwischen expliziten und impliziten Menschenbildern unterscheiden muß.
Explizit dargestellte Menschenbilder in der Betriebswirtschaft findet man vor allem im Bereich der Führungs- und Organisationstheorien. Die Annahmen der Manager über ihre Mitarbeiter werden in Typologien zu "spekulativen Persönlichkeitstheorien" zusammengefaßt. Sie sind spekulativ, weil sie auf subjektiven Mutmaßungen beruhen und nicht empirisch fundiert sind.
Andere Autoren[1] bemühen sich um die Untersuchung und Offenlegung impliziter Annahmen vom Menschen in betriebswirtschaftlichen 828e45i Theorien. So gibt es inzwischen empirische Untersuchungen zur Typologie der impliziten Persönlichkeitstheorien sowie Managertypologien, in welchen die Manager je nach Charakter und Verhalten in verschiedene Typen eingeteilt werden. Diese werden als empirische Persönlichkeitstheorien bezeichnet.
In größeren Unternehmen werden häufig Leitbilder ausgearbeitet, die die Management- und Führungsphilosophie des Unternehmens ausdrücken sollen. Leitbilder enthalten Annahmen bezüglich wünschens- und erstrebenswerter Fähigkeiten und Verhaltensweisen des Menschen im Betrieb. Sie sind Idealbilder vom Menschen, an denen sich die unternehmerischen Interaktionen und die organisatorischen Strukturen orientieren sollen. Auch sie dienen der Offenlegung impliziter Menschenbilder im Unternehmen (Hesch, 1997).
Hesch (1997) definiert das betriebswirtschaftliche Menschenbild allgemein:
"Ein betriebswirtschaftliches Menschenbild läßt sich begreifen als subjekt-abhängiges Abbild vom Menschen in der betrieblichen Praxis. Es basiert auf impliziten oder expliziten Annahmen über den Menschen und liegt betriebswirtschaftlichen 828e45i Theorien und/oder menschlichen Interaktionen in der betrieblichen Praxis zugrunde" (S.34).
Allerdings gilt es zu berücksichtigen, daß die Wirtschaftswissenschaften sich zwar mit dem Menschen beschäftigen, aber immer nur insoweit der "wirtschaftende Mensch" gemeint ist. Es war nie Ziel von betriebswirtschaftlichen 828e45i Menschenbildern, den Menschen in allen seinen Komponenten darzustellen, sondern durch ihre Konstruktion sollte stets die Komplexität der Realität reduziert werden. Außerdem werden die Menschenbilder in der Wirtschaft auf "beobachtbare Erscheinungsformen beschränkt; auf Erklärungen, warum Individuen und Organisationen so handeln wie sie handeln, wird verzichtet" (Staehle, 1980, Sp.1303).
Menschenbilder, auch die der betriebswirtschaftlichen 828e45i Theorien, können dabei nie für sich alleine betrachtet werden, sondern müssen immer in den kulturellen und (geistes-) geschichtlichen Rahmen eingeordnet und in ihrer Funktion für die Erklärung menschlichen Handelns (hier im Subsystem Wirtschaft) gesehen werden. Je mehr ein Menschenbild versucht, Werte, Interessen, Normen und Präferenzen des handelnden Menschen zu berücksichtigen, um so mehr nimmt seine komplexitätsreduzierende Funktion ab (Staehle, 1980).
Man kann jedoch nicht von Menschenbildern in der Wirtschaft sprechen, ohne den engen Zusammenhang zwischen Mensch und Arbeit bzw. Arbeitsorganisation zu erwähnen. Die Arbeit bzw. die jeweils konkrete Arbeitsorganisation bestimmt in der Wirtschaft die geschichtlich-gesellschaftliche Realität und Konkretheit von Menschenbildern. Die Arbeitstätigkeit bildet gewissermaßen die Schnittstelle zwischen Mensch und Unternehmen, da sich darin das "beobachtbare menschliche Handeln" ausdrückt. Arbeit und Arbeitsorganisation ermöglichen und beschränken den Spielraum, in dem ein Menschenbild Wirklichkeit hat bzw. haben kann. Jede Veränderung im "System Arbeit" verändert auch den Menschen und das reale Bild, das er von sich hat (Heintel, 1988).
Andererseits haben auch die Menschenbilder eine zentrale Bedeutung für die Arbeitsorganisation: "Konservative" Menschenbilder "halten in Erinnerung, was von den jeweiligen Arbeitssystemen verdrängt und ausgeschlossen wurde"; "ideologisch-normative" Menschenbilder "begründen und rechtfertigen die jeweilige Gestalt der Arbeitsorganisation"; "utopische, [bzw.] real-utopische" Menschenbilder "halten der bestehenden Arbeitsorganisation und ihrem Menschenbild ein 'Mögliches' oder 'Ideales' entgegen, das sie zur Verwirklichung empfehlen" (Heintel, 1988, S.144; [Hervorhebungen v. Verfasser]).
Im Folgenden werden einige der bekanntesten betriebswirtschaftlichen 828e45i Menschenbilder vorgestellt. Auch wenn dabei weitgehend chronologisch vorgegangen wird, heißt das nicht, daß die Menschenbilder einander abgelöst hätten. Sie sind sowohl zeitlich als auch inhaltlich immer miteinander vermischt und aufeinander bezogen. Vielmehr zeigt jedes neue Menschenbild die Unzufriedenheit mit dem bisherigen auf, indem es weitere Aspekte des Menschen zur Erklärung seines Verhaltens in der Wirtschaft berücksichtigt.
Das rational-ökonomische Menschenbild kann als tragend für unser gesamtes wirtschaftliches Denken gesehen werden. Seine Entstehung ist eng verbunden mit der Entwicklung der abendländischen Denktradition und kann bis in die Antike zurückverfolgt werden.
Das ökonomische Denken der Antike ist geprägt vom Bild des Menschen als freien, sein Haus (oikos) verwaltenden Bürgers der griechischen Polis. Der Begriff "Oikonomia" steht in der praktischen Philosophie für die Haushaltskunst. Der wirtschaftende Mensch der Antike, der "Oikonomikos" ist bedacht auf das Wohlergehen aller zu seinem Haus gehörenden Menschen und auf Erhaltung und Mehrung des Besitzes. Der Gegenbegriff zur Oikonomik, das naturwidrige, habgierige Gewinnstreben, das Streben nach Geld um des größtmöglichen Besitzes willen, wird als Chrematistik bezeichnet und gilt als Untugend (Baumgardt, 1992). Das Wirtschaften steht also in enger Verbindung mit ethischen Vorstellungen über rechtes und unrechtes Handeln.
Das aristotelische Bild von der Oikonomia gelangt auch in den römischen Kulturkreis und prägt das abendländische Wirtschaftsdenken und -handeln bis ins Spätmittelalter. Noch bis ins 17.Jahrhundert hinein ist die ökonomische Diskussion in erster Linie getragen von Philosophen (Plato, Aristoteles, Thomas von Aquin, Thomas Hobbes) und behandelt Fragen des Lebens, der Politik und der Gesellschaft (Hesch, 1997). Alles ökonomische Handeln ist gebunden an die Forderung nach "Einträglichkeit" (Erwerbsstreben) und "Zuträglichkeit" (Ehrbarkeit, Angemessenheit): "Ohne Erwerb kann das rechte Maß für den Lebensunterhalt nicht erreicht werden und ohne das rechte Maß kann der Erwerb nicht gerechtfertigt werden" (Baumgardt, 1992, S.99). Im vorwissenschaftlichen Denken findet die Kategorie des Ökonomischen Eingang in die Theologie und in die scholastische Philosophie und wird fester Bestandteil der Ethik: "Rein kapitalistisches Handeln ist unökonomisch und damit unsittlich" (Baumgardt, 1992, S.100).
Erst zum Ausgang des Mittelalters und während der Reformation kommt es zur Abkehr vom Bild des "anthropos oikonomikos" und der "Oikonomik-Ethik" (Baumgardt, 1992, S.100). Während das Mittelalter die Eingebundenheit des Menschen in die Gemeinschaft betont und im Wirtschaften in erster Linie ein Gemeinschaftshandeln sieht, betont die Renaissance den Einzelmenschen und fördert die Individualisierung des Wirtschaftens. Es entsteht die Idee vom freien Einzelnen, vom freien Unternehmer in Marktfreiheit und von der Handels- und Gewerbefreiheit.
Die Aufklärung schließlich beschränkt den Menschen und seine Geistigkeit auf das Prinzip der Rationalität. "Der Wirtschafter gilt nun idealtypisch als vollinformierter und blitzschnell reagierender Mitteloptimierer" (Baumgardt, 1992, S.101). Dadurch entsteht eine Art "Erfolgsethik" und damit ein rein diesseitsbezogener, "tendenziell rechenhaft utilitaristischer Glücksbegriff. Diese Entwicklung wird durch den Calvinismus begünstigt und führt zu einer völligen Entdiskriminierung der Chrematistik" (Baumgardt, 1992, S.102). Der Wirtschafter ist erfolgreich als der Eigennützige, der Profit- und Kapitalmaximierer.
Diese Strömungen seit dem Ausklang des Mittelalters führen schließlich zur Etablierung der eigenständigen Wirtschaftswissenschaften.
Im 18.Jahrhundert kommt es in der Wirtschaft zu einem Liberalisierungsprozeß, in dem die Forderung immer lauter wird, der Staat solle sich aus der Wirtschaft heraushalten. Das Buch von Adam Smith (1723-1790) "Eine Untersuchung über Natur und Wesen des Volkswohlstandes", das 1776 erscheint, wird zur Grundlage für eine eigenständige, analytisch-theoretische Disziplin, die Nationalökonomie. Die Ideen Smith' werden zur theoretischen Basis für die kapitalistische Wirtschaftsentwicklung des 18. und 19.Jahrhunderts (Hesch, 1997). Zentrales Anliegen des Ökonomen und Moralphilosophen Adam Smith ist es, "die Ursachen, die Ordnung und die Grundsätze zu suchen, nach denen einzelne und ein Gemeinwesen Existenzsicherung und Wohlstand anstreben" (Recktenwald, 1989, S.139). Als Antriebskraft für jede wirtschaftliche, politische und kulturelle Entwicklung eines Gemeinwesens sieht Smith das natürliche Streben des Menschen, seine Existenz zu sichern, seine Annehmlichkeiten zu mehren und Anerkennung in der Gemeinschaft zu erreichen. "Dieses auf Eigenliebe gegründete Selbstinteresse und nicht etwa der Egoismus oder die Selbstsucht ist das tragende Fundament einer solchen Ordnung" (Recktenwald, 1989, S.139). Smith sieht im selbstbezogenen Streben des Menschen eine Chance, zugleich das Gemeinwohl, als auch den individuellen Nutzen zu maximieren. Er kommt zu der These, bei freiem Wirken des Eigennutzstrebens würde unter dem Gesetz von Angebot und Nachfrage - wie von unsichtbarer Hand geleitet - Ausgleich und Harmonie sowie größtmögliches Glück aller herbeigeführt werden (Recktenwald, 1989).
Auch Smith sieht natürlich die Gefahr, daß aus dem positiven Selbstinteresse die Untugend des Egoismus erwachsen könnte und betont darum die Notwendigkeit eines Rahmens an freiwilligen Regeln, die eine Art Korrektiv bilden sollten: "Das Selbstinteresse oder die natürliche Freiheit des einzelnen gründen also in dieser Ordnung auf der menschlichen Fähigkeit, selbstbezogen zu handeln und moralisch und selbstverantwortlich zu urteilen, wobei freiwillige und durchsetzbare Regeln der Gerechtigkeit und der evolutorische Wettbewerb diese persönliche (ökonomische, politische und kulturelle) Entfaltung kontrollieren" (Recktenwald, 1989, S.141).
Auch wenn die Theorien Adam Smith' im Folgenden oft verkürzt und einseitig auf egoistisches, materielles Interesse bezogen rezipiert wurden, hatten sein Konzept und die darin enthaltene Vorstellung vom Menschen grundlegenden Einfluß auf die Theoriebildung der klassischen Wirtschaftswissenschaften, deren Wirkungen wir bis in die heutige Zeit verfolgen können. Voraussetzung für das Funktionieren der freien Marktwirtschaft ist die Vorstellung von einem Menschen, "der seinen größtmöglichen Tauschvorteil sucht und wahrt, bzw. der im Falle der Geldwirtschaft nach möglichst hohem Geldgewinn strebt" (Baumgardt, 1992, S.97). David Ricardo (1772-1823) bezeichnet diesen "rationell profitmaximierenden Individualwirtschafter" (Baumgardt, 1992, S.102) als den 'homo oeconomicus' oder 'economical man'. Nach Schein (1980) läßt sich der homo oeconomicus folgendermaßen charakterisieren: Der Mensch wird durch wirtschaftliche Anreize motiviert, ist passiv, seine Empfindungen sind irrational und müssen kontrolliert werden. Er ist ein von rational-ökonomischen Interessen getriebener, den eigenen Nutzen maximierender Mensch.
Das ökonomistische Menschenbild hat während der folgenden Jahrzehnte ungeahnte Auswirkungen in der Wirtschaftspraxis: Die Verabsolutierung des Erwerbsstrebens wirkt äußerst anregend auf die Wirtschaftsentwicklung. Die dadurch frei werdenden Kräfte bewirken den Übergang zum Industrialismus und einen wachsenden Wohlstand breiter Bevölkerungsschichten. Allerdings darf nicht übersehen werden, daß diese positiv zu sehenden Entwicklungen von Anfang an begleitet werden von einer wachsenden Skrupellosigkeit der Privatkapitalisten. Es kommt bald zu sozialer Monopolisierung und Kartellierung der Gewinner des Systems und zu einer aller Vernunft entbehrenden Ressourcenausschlachtung und Umweltverschmutzung. Diese Folgen führen zu weitreichender Kritik und Ablehnung des Konzeptes. Dennoch "geistert es gespenstisch weiter durch Wirtschaftstheorie und Wirtschaftspraxis. Alles wird dem ökonomistischen Kalkül unterworfen. (...) Es zeigen sich Tendenzen zu einer Ökonomisierung aller Lebensbereiche" (Baumgardt, 1992, S.103). Das Ökonomische ist damit nur noch ein anders Wort für das Nützliche und das Gewinnbringende. "Der homo oeconomicus - eigentlich der homo chrematisticus - ist nun die kategorielle Grundlage für wirtschaftswissenschaftliche Erklärungsmodelle und das Leitbild für wirtschaftswissenschaftliche Gestaltungsmodelle" (Baumgardt, 1992, S.103).
Allerdings versäumten es die Kritiker des homo oeconomicus bisher, konstruktive Gegenvorschläge zu machen, und so war dessen "Karriere" in der Ökonomie nicht aufzuhalten (Tietzel, 1981).
Der beginnende Industrialismus des 19.Jahrhunderts bringt durch die rasche Mechanisierung der Produktionsbetriebe und die ersten auf Massenproduktion ausgerichteten Großbetriebe die Notwendigkeit neuer Organisationsformen mit sich. Die handwerkliche Arbeit wird mehr und mehr von Routinetätigkeiten, meist am Fließband, abgelöst. Frederick Winslow Taylor (1856-1915) stellt in seinem Werk "The Principles of Scientific Management", das 1911 erscheint, ein neues Organisationskonzept für betriebliche Massenproduktion dar. Die deutsche Übersetzung trägt den Titel "Wissenschaftliche Betriebsführung" - sie ist bekannt unter der Bezeichnung "Taylorismus".
Taylors Ziel ist es, die Arbeitsleistung ohne Belastungssteigerung für die Arbeiter zu erhöhen und ein neues harmonisches Verhältnis zwischen Arbeiter und Unternehmer herzustellen, das auf beidseitigem Vertrauen in die Regeln der wissenschaftlichen Betriebsführung beruhen sollte (Hesch, 1997). Auf der Grundlage des Menschenbildes des homo oeconomicus (der Mensch handelt nach der Maxime des größten Gewinns und ist ausschließlich durch monetäre Anreize motivierbar) gibt es eine grundsätzliche Übereinstimmung der Interessen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern, da jede der beiden Seiten bestrebt ist, seinen Nutzen zu maximieren und die Kosten zu minimieren: Durch die Gestaltungselemente des Scientific Management sollte es möglich sein, den höchsten Wunsch des Arbeiters nach höherem Lohn und zugleich das Verlangen des Arbeitgebers nach geringen Herstellungskosten seiner Ware zu erfüllen (Ulich, 1998).
Die Gestaltungselemente sind:
Funktionale Arbeitsteilung durch Zerlegung der Arbeit
Personelle Trennung von dispositiver und ausführender Arbeit, also eine hierarchische Arbeitsorganisation
Räumliche Ausgliederung aller planenden, steuernden und kontrollierenden Aufgaben aus dem Bereich der Fertigung
(Picot, Reichwald und Wigand, 1996)
Die Rationalisierungsstrategie der wissenschaftlichen Betriebsführung führt zu beachtlichen Erfolgen "durch die systematische Gewinnung, Perfektionierung und Anwendung von Methoden zur Optimierung von Fertigungsprozessen" (Picot et al., 1996, S.9).
Der individuelle Arbeiter wird in diesem Konzept als maschineähnlich funktionierender Mechanismus gesehen, der in die fertigungstechnischen Abläufe eingeplant werden kann wie jeder andere Produktionsfaktor. Er muß durch monetäre Anreize motiviert werden und kann zum Zweck von Produktivitätssteigerung manipuliert werden (Ulich, 1998). Der Erfolg basiert in erster Linie auf der Disziplinierung und Kontrollierbarkeit der Mitarbeiter durch die Herrschaft der Manager. Schon früh äußerten Autoren wie Frey (1920) Kritik am Konzept der Wissenschaftlichen Betriebsführung: "Namentlich versagt die wissenschaftliche Betriebsführung vollständig mit Rücksicht auf die Bewertung des menschlichen Faktors bei der Arbeit" (zit.n. Ulich, 1998, S11).
Doch aller Kritik zum Trotz hatte der Taylorismus geradezu paradigmatische Auswirkungen auf die Betriebswirtschaft. Bis heute stützen sich betriebliche Organisationsgestaltung, Managementtheorien und Ansätze der Betriebswirtschaftslehre auf diese Grundannahmen (Hesch, 1997).
Zusammenfassung:
Der Mensch als rational-ökonomisches Wesen... |
strebt nach möglichst hohem Gewinn handelt selbstbezogen und nach rational-ökonomischen Interessen sucht seinen individuellen Vorteil ist durch wirtschaftliche Anreize motivierbar kann und muß kontrolliert und manipuliert werden verhält sich vorhersehbar, nach einem maschineähnlichen Mechanismus |
Mit den neuen Erkenntnissen der Psychologie schärft sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts das Bewußtsein für die Bedeutung von intra- und interindividuellen Vorgängen für das menschliche Verhalten. Es stellt sich immer mehr die Frage, ob menschliches Verhalten am Arbeitsplatz durch rationale Deutungsmuster ausreichend erklärt werden könne.
Zunehmende Kritik am tayloristischen Konzept besonders in der amerikanischen Betriebspsychologie veranlaßten Mayo, Roethlisberger und Dickson zu einer Untersuchung über den Zusammenhang von Arbeitsbedingungen und Leistung, die sie in den Jahren 1927-1932 in den Hawthorne-Werken der Western Electric Company in Chicago durchführten. Sie beschäftigten sich mit der Frage, welchen Einfluß eine Verbesserung verschiedener Umweltbedingungen auf die Arbeitsleistung, auf das Verhalten und auf die Gesundheit einer Gruppe von Frauen hat. Dazu wurden Beleuchtung, Arbeitszeit und Arbeitspausen systematisch variiert, die Arbeitsabläufe und das Verhalten in einem Protokoll festgehalten und der Gesundheitszustand der Arbeiterinnen regelmäßig überprüft. Zudem wurden mehr als zwanzigtausend Mitarbeiter der Hawthorne-Werke befragt. Der Versuchsleiter stand während dieser Zeit für Gespräche zur Verfügung (Ulich, 1998).
Die Ergebnisse der Untersuchung waren zunächst irritierend: Die wöchentliche Arbeitsleistung verbesserte sich bei fast jeder Veränderung der Umweltbedingungen. Die Leistungen verbesserten sich sogar auch dann, als die Veränderungen wieder zurückgenommen wurden. Mayo und seine Kollegen erklärten sich die Ergebnisse schließlich über den Effekt der sozialen Situation: Die Untersuchung führte zu einer Vielzahl von Beziehungen zwischen den Gruppenmitgliedern, mit den Vorgesetzten und den Forschern (Ulich, 1998). Die sozialen Beziehungen schienen eine große emotionale und motivationale Bedeutung für die Arbeiterinnen zu haben. Die Regeln und Normen der informellen Gruppen hatten unter Umständen sogar eine größere Auswirkung auf das individuelle Leistungsverhalten als eine Lohnsteigerung (Hesch, 1997): Der Mensch wird also in erster Linie von sozialen Bedürfnissen motiviert und gewinnt sein Identitätsbewußtsein durch Beziehung. Der Sinn der Arbeit wird im sozialen Gefüge gesucht.
Diese Erkenntnisse erfordern allerdings einen "neuen Vertrag" zwischen Angestelltem und Unternehmen: Der Angestellte darf die Würdigung eines wichtigen emotionalen Bedürfnisses erwarten und wird dadurch auch moralisch an die Organisation gebunden. Das Unternehmen erwartet im Gegenzug Loyalität und Identifikation mit den Organisationszielen (Schein, 1980). Das entspricht den Forderungen der damit entstandenen Human-Relations-Bewegung.
Im Gegensatz zu den Grundannahmen Taylors liegt der Fokus im Human-Relation-Konzept nicht mehr beim Arbeiter als Individuum, sondern als Mitglied in einem komplexen sozialen und organisationalen System. Nach den Erkenntnissen aus den Hawthorne-Experimenten bringt der Arbeiter nicht nur seine Fähigkeit zur Ausführung partialisierter Arbeitstätigkeiten ein, sondern auch seine Gefühle, Stimmungen und sozialen Einstellungen. "Er ist etwas anderes als eine Maschine und keineswegs ausschließlich ökonomisch motivierbar" (Ulich, 1998, S.37). Dieses Menschenbild steht also in starkem Widerspruch zu Taylors Annahmen über den Arbeiter als Einkommensmaximierer. Das bisherige Menschenbild muß revidiert werden, um den Menschen als soziales Wesen ernst zu nehmen: Es entsteht der 'homo sociologicus' oder 'social man'.
Das neue Menschenbild zeigt seinen Wert v.a. in der Praxisrelevanz: Wenn der Mensch in erster Linie von sozialen Bedürfnissen motiviert wird und sein Verhalten nach den Regeln der sozialen Gruppe richtet, erfordert dies neue Maßnahmen der Organisationsgestaltung, die sich von der tayloristischen Gestaltung unterscheiden müssen.
Als erstes, so wird gefordert, müßte man versuchen, die innerbetrieblichen zwischenmenschlichen Beziehungen bewußt zu gestalten und zu verbessern. Das sollte durch den Aufbau und die Förderung von Teamarbeit geschehen. Die Manager bekommen darin die Aufgabe der Vermittlung zwischen den sozialen Bedürfnissen der Mitarbeiter und den ökonomisch-rationalen Zielen des Unternehmens. Der Betrieb wird nicht mehr nur als Produktionsstätte gesehen, sondern als soziales System. Statt rein monetärer Anreizsysteme werden Gruppenanreizsysteme eingeführt. So kann über die Steigerung der Arbeitszufriedenheit die Effektivität des Betriebs erhöht werden.
In der Praxis konnten diese neuen Erkenntnisse nur zögernd verwirklicht werden, da es an Möglichkeiten und Ideen der praktischen Umsetzung mangelte. Selbst die Vertreter der Human-Relation-Bewegung hatten keine konkreten Konzepte zur Veränderung der Arbeitsstrukturen entwickelt (Schein, 1980; Ulich, 1998). Kritiker sehen in den Forderungen der Bewegung überhaupt keinen großen Unterschied zu den Gesetzen des Scientific Managements, da sich das Human-Relation-Konzept nur in der Wahl der angewandten Mittel, die zur Produktionssteigerung führen sollten, davon unterscheide (Picot et al., 1996). Der Nutzen für die Arbeiter liegt eben jetzt nicht mehr nur in der Einkommensmaximierung, sondern auch in der Befriedigung sozialer Bedürfnisse.
Zusammenfassung:
Der Mensch als soziales Wesen... |
wird von sozialen Bedürfnissen motiviert gewinnt seine Identität durch Beziehung ist Teil eines sozialen Systems sucht den Sinn der Arbeit im sozialen Gefüge bringt auch Gefühle, Stimmungen und Einstellungen ein richtet sein Verhalten nach den Regeln der sozialen Gruppe |
Nach dem II.Weltkrieg verändern sich die Rahmenbedingungen für die Unternehmen ganz massiv. Die Automatisierung der Betriebe greift weiter um sich, die Arbeitstätigkeiten verlagern sich von Routinetätigkeiten, die jetzt die Maschine übernehmen kann, auf Problemlöseaufgaben. Das Ausbildungsniveau der Arbeitnehmer steigt kontinuierlich an, und es entwickeln sich neue Berufsgruppen. Der zunehmende Wohlstand führt zu Veränderungen in der Motivationsstruktur: Die Bedeutung von Anerkennungs- und Statusbedürfnissen nimmt weiter zu, die Arbeiter streben mehr als zuvor nach Werten wie Selbstentfaltung, schöpferischer Tätigkeit, Verantwortungsübernahme und nach Teilnahme an Entscheidungsprozessen. Der Mensch ist offensichtlich mehr als "nur sozial" (Picot, 1996).
Zur gleichen Zeit bestätigen mehrere Untersuchungen den Sinnverlust der Arbeit: "Dieser Sinnverlust betrifft weniger die sozialen Bedürfnisse des Menschen als vielmehr sein angeborenes Bedürfnis, seine Kapazitäten und Fähigkeiten sinnvoll und produktiv zu nutzen" (Schein, 1980, S.89). Das Problem liegt darin, daß "die meisten Jobs der modernen Industrie so spezialisiert oder fragmentiert sind, daß sie weder dem Arbeiter erlauben, seine Fähigkeiten voll zur Geltung zu bringen, noch ihn den Zusammenhang zwischen seiner Tätigkeit und der Gesamtaufgabe der Organisation erkennen lassen" (Schein, 1980, S.89).
Einen maßgebenden Beitrag zur Erklärung dieser Entwicklung liefert Maslow mit seinen Überlegungen zur Hierarchie der menschlichen Bedürfnisse.
Abraham H. Maslow (1908-1970), ein Vertreter der humanistischen Psychologie, unterscheidet fünf Bedürfnisklassen, die als Motivations- und Verhaltensursache des Menschen wirken können. Die Bedürfnisse sind nach ihrer Dringlichkeit aufsteigend geordnet. Bedürfnisse höherer Ordnung haben erst dann einen Einfluß auf das Verhalten, wenn die Bedürfnisse niederer Ordnung gestillt sind:
physiologische Bedürfnisse: Darunter sind die elementaren Bedürfnisse nach Nahrung, Schlaf usw. zu verstehen, die der Aufrechterhaltung des normalen Organismuskreislaufs dienen.
Sicherheitsbedürfnisse: Das sind alle Bedürfnisse, die auf die Herstellung und Aufrechterhaltung von "Struktur, Ordnung, Gesetz und Grenzen" (Maslow, 1991, S.66) hinauslaufen, wie das Verlangen nach Sicherheit, Beständigkeit, Einsicht in Zusammenhänge, Schutz, Angstfreiheit usw.
Bedürfnisse nach Zugehörigkeit und Liebe: Diese Bedürfnisse drücken das Verlangen nach Abgeben und Entgegennehmen von Sympathie, Beziehung, Liebe und Zuneigung aus.
Bedürfnisse nach Wertschätzung und Achtung: Hierunter ist das Verlangen des Menschen nach Autonomie und Unabhängigkeit zusammengefaßt sowie alle Bedürfnisse nach Stärke, Leistung, Bewältigung und Kompetenz, die eine Verstärkung des Selbstwertgefühls bewirken können und auch der Wunsch nach Prestige, Status, Einfluß und Beachtung.
Bedürfnisse nach Selbstverwirklichung: Die Selbstverwirklichung sieht Maslow als das höchste Ziel menschlicher Entwicklung. Es ist das Verlangen, die potentiell gegebenen Fähigkeiten und Funktionsmöglichkeiten entfalten zu können: "Was ein Mensch sein kann, muß er sein" (Maslow, 1991, S.74; [Hervorh. v. Verf.]).
(Maslow, 1991, Schein, 1980, Ulich, 1998)
Dabei führt die Nichtbefriedigung der Bedürfnisse (1)-(4) zu einem Mangelzustand, sie werden daher als 'Defizitmotive' bezeichnet. Die Bedürfnisse nach Selbstverwirklichung werden dagegen als 'Wachstumsmotive' bezeichnet, da sie der Vervollkommnung der menschlichen Persönlichkeit dienen. Weil die elementarsten Bedürfnisse zuerst wirksam werden und die Inhalte der nächsthöheren Ebene erst dann, wenn die vorgeordneten Stufen befriedigt werden, heißt das in der Konsequenz: "Wo Defizitmotive hinreichend befriedigt sind, können höheres Engagement und Leistungsmotivation erst dann erwartet werden, wenn die Arbeit so beschaffen ist, dass sie Möglichkeiten zur Befriedigung der 'Wachstumsmotive' bietet" (Ulich, 1998, S.42).
Der Managementtheoretiker und Unternehmensberater Douglas McGregor greift in seiner Theorie X und Y die Bedürfnishierarchie Maslows auf und zeigt die Auswirkungen der Menschenbilder oder Annahmen der Manager auf das Erleben, das Verhalten und die Leistung der Mitarbeiter. Das eingängige und häufig anzutreffende Bild vom rational-ökonomischen Menschen bezeichnet McGregor als "ein Bündel von Vorurteilen" (McGregor, 1986, S.28) und eine Irrlehre, da es allein auf Kontrolle und Autorität beruht. Dieser Theorie X stellt er eine idealtypische Theorie Y gegenüber, die auf der Bedürfnishierarchie basiert und das Bedürfnis nach Selbstverwirklichung als wichtigste Quelle der Motivation betont. Die Folgen, die sich aus dem jeweiligen Menschenbild für das Verhalten der Manager und das der Mitarbeiter ergeben, zeigen die Möglichkeiten, die sich unter der Voraussetzung der Theorie Y für menschliches Wachstum und Vervollkommnung ergeben könnten: Das jeweils unterstellte Menschenbild wird zur Self-Fulfilling-Prophecy für den Mitarbeiter. Während unter der Annahme der Theorie X der Mensch zur Arbeit gezwungen, gelenkt und geführt werden muß, hat er unter Annahme der Theorie Y Fähigkeiten zur Selbststeuerung und Selbstdisziplin, zu Eigenmotivation und Verantwortungsübernahme. Zudem hat er ein hohes Maß an Vorstellungskraft, Urteilsvermögen und Erfindungsgabe, um organisatorische Probleme selbständig zu lösen. Das zentrale Organisationsprinzip der Theorie X heißt daher Lenkung und Kontrolle durch die Autorität der Manager, das der Theorie Y Integration[4] und Selbstverantwortung. "Leute, die von der Möglichkeit ausgeschlossen sind, bei ihrer Arbeit die Bedürfnisse zu befriedigen, die in ihnen wach sind, verhalten sich genauso, wie wir es voraussagen möchten: in Trägheit, Passivität, Verantwortungsscheu (...)" (McGregor, 1986, S.33). Laut McGregor erklärt daher die Theorie X und damit das rational-ökonomische Menschenbild lediglich die Folgen einer besonderen Führungsstrategie und nicht die menschliche Natur (McGregor, 1986).
Ausgehend von den neuen Erkenntnissen, v.a. der Arbeits- und Motivationspsychologie über die zentrale Bedeutung des Arbeitsinhaltes für die Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter und dem neuen Menschenbild des nach Selbstverwirklichung strebenden Menschen ('self-actualizing man'), werden neue Konzepte der Arbeitsorganisation entwickelt. Alle Veränderungskonzepte beruhen auf dem Bild von einem Menschen, der nach Selbstverwirklichung, Autonomie und Selbstkontrolle strebt (Ulich, 1998). Er ist ein lernendes, entwicklungsfähiges, selbst-motiviertes und aktives Wesen (Picot et al., 1996). Wenn der Mitarbeiter entsprechende Möglichkeiten zu Autonomie und Unabhängigkeit bekommt, kann es keinen Konflikt zwischen Selbstverwirklichung und den Organisationszielen geben.
Das Ziel der Überlegungen in der sog. Humanisierungsdebatte ist die Erweiterung des menschlichen Handlungsspielraums in der Arbeit, die den Mitarbeitern mehr Möglichkeiten geben soll, ihre vielfältigen Fähigkeiten im Unternehmen einbringen zu können. Zentral ist das von F.Herzberg formulierte Job-Enrichment-Konzept, bei dem die bisherigen Aufgabengebiete und die bisherigen Vollmachten um vor- oder nachgelagerte Aufgaben und zusätzliche Vollmachten bzw. Verantwortlichkeiten ergänzt werden (Jeserich, 1988). Laut Herzberg steht der Arbeitsinhalt in eindeutiger Beziehung zur Selbstverwirklichung des Menschen (Hesch, 1997; Ulich, 1998).
Andere Arbeitsstrukturen, die die Ausweitung des menschlichen Handlungsspielraums, die Persönlichkeitsentwicklung und Qualifizierung der Mitarbeiter ermöglichen sollen, sind: Job-Rotation (Aufgabenwechsel durch Versetzung auf einen anderen Arbeitsplatz für eine bestimmt Dauer), Job-Enlargement (Aufgabenerweiterung durch neue Aufgabengebiete) und teilautonome Arbeitsgruppen (Jeserich, 1988).
Trotz aller Bemühungen um menschengerechtere Arbeitsstrukturen blieb die betriebliche Praxis allerdings von diesen Veränderungen distanziert (Picot et al., 1996).
Zusammenfassung:
Der Mensch als ein nach Selbstverwirklichung strebendes Wesen... |
ist bereit zu Verantwortungsübernahme und zur Teilhabe an Entscheidungsprozessen hat das Bedürfnis, seine Kapazitäten und Fähigkeiten sinnvoll und produktiv zu nutzen strebt nach Selbstentfaltung und schöpferischer Tätigkeit ist fähig zu Selbststeuerung, Selbstdisziplin und Eigenmotivation hat ein hohes Maß an Vorstellungskraft, Urteilsvermögen und Erfindungsgabe strebt nach Autonomie und Selbstkontrolle |
In den letzten Jahren wurden die Unternehmen und mit ihnen die in den Unternehmen arbeitenden Menschen durch die Einführung der Mikroelektronik mit völlig neuen Problemen und Herausforderungen konfrontiert. Die Entwicklung provoziert "neue Fragen nach dem Selbstverständnis des Menschen und dessen Maschinenverständnis als Teil von ihm selbst" (Ulich, 1998, S.56). Durch die fortgeschrittene Elektronik ergibt sich auf der einen Seite die Möglichkeit zu neuen Arbeitsstrukturen aus einer Kombination von Technologie und qualifizierten Arbeitstätigkeiten, die den arbeitenden Menschen herausfordernde Arbeitsinhalte und weitgehende Selbstregulation der Gruppe ermöglichen könnten. Auf der anderen Seite werden mit Hilfe der Technologie auch Möglichkeiten geschaffen, die Arbeitsteilung weiter zu verstärken. "Damit wird die Technologie zu einer Option, deren je unterschiedliche Nutzung mit möglicherweise dramatischen Folgen für die Stellung des Menschen im Produktionsprozess verbunden ist" (Ulich, 1998, S.56).
In der Betriebssoziologie wird zudem die Forderung drängender, das Unternehmen nicht mehr als deterministisch zu lenkendes, geschlossenes System zu sehen, sondern in seinen komplexen Beziehungen nach innen und nach außen (Volk, 1989). Die gegenwärtigen Überlegungen zur Stellung des Menschen im Unternehmen versuchen, diese neuen Möglichkeiten samt den mit den neuen Entwicklungen verbundenen Unsicherheiten, in ein neues Bild vom Menschen zu integrieren. Einige der neueren organisationstheoretischen Ansätze gehen sogar davon aus, "daß es keine generell gültigen optimalen Handlungsalternativen und kein generell gültiges Bild von Menschen gibt, sondern lediglich Abbilder von in konkreten Situationen handelnden Menschen" (Staehle, 1980, Sp.1312).
Sicher ist, daß es sich bei den drei bisher erwähnten Menschenbildern um Vereinfachungen handelt, um eine Komplexitätsreduktion, die, wie deutlich geworden ist, schwerwiegende Folgen für die Strukturierung der betrieblichen Abläufe hatte. Denn "der Mensch ist ein komplexeres Wesen, als das Modell vom rational-ökonomischen, sozial motivierten oder sich selbst verwirklichenden Menschen glauben machen möchten" (Schein, 1980, S.94).
In dem neuen Bild von "complex man" wird berücksichtigt, daß Menschen in Bezug auf ihre Arbeit vielfältige Bedürfnisse haben, deren Hierarchie sich wandeln kann und zu einer bestimmten Zeit nicht für alle Menschen in gleicher Weise gelten muß. Die Menschenbilder müßten durch Konzepte ergänzt werden, die inter- und intraindividuelle Differenzen berücksichtigen (Ulich, 1998).
Das bedeutet aber nicht, daß der homo oeconomicus heute ein für alle mal überwunden wäre:
Dieses Menschenbild und das Festhalten an arbeitsteiligen Strukturen bestimmen noch immer etliche Bereiche unseres Wirtschaftslebens. Die Tatsache, dass es sich dabei um anachronistische Konzepte handelt, die noch dazu die Entfaltung der Produktivität behindern, steht offenbar im Widerspruch zu dem Bedürfnis manchen Managements nach Kontrolle über alle Produktionsmittel, also auch die Humanressourcen.
(Ulich, 1998, S.58)
Möglicherweise führen erst schwerwiegende gesellschaftliche und wirtschaftliche Umbrüche zu einem Umdenken im vorherrschenden Menschenbild, nicht zuletzt deshalb, weil nur durch eine Abkehr vom homo oeconomicus und der tayloristischen Arbeitsorganisation tiefergreifende Umstrukturierungen in der Unternehmensorganisation möglich werden.
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